In verschiedenen Ländern wird ein »Recht auf assistierten Suizid« angenommen und rechtlich garantiert. Dies wird begründet mit der Annahme, Wünsche nach assistiertem Suizid seien wohlüberlegte, autonome und selbstbestimmte Entscheidungen. Der vorliegende Artikel stellt das vorherrschende Autonomieverständnis anhand grundlegender Erkenntnisse der Anthropologie, Kulturanthropologie, Psychoanalyse, Tiefenpsychologie, Entwicklungspsychologie, Psychiatrie und Psychotherapie infrage. Das Konstrukt der Freiverantwortlichkeit beim assistierten Suizid entspricht nicht der tatsächlichen Entwicklung suizidaler Krisen mit ihren nachvollziehbaren bewussten und unbewussten Motiven. Auch Entscheidungen zum assistierten Suizid erfolgen im zwischenmenschlichen Bezug. Anhand von Beispielen werden Psychodynamik und Therapiemöglichkeiten suizidaler Entwicklungen sowie Aspekte der Suizidprävention dargestellt. Der suizidfördernde Einfluss der Suizidassistenz wird beschrieben. Folgerungen für die Suizidprävention auf individueller Ebene und notwendige Voraussetzungen für die Entwicklung eines antisuizidalen gesellschaftlichen Klimas werden formuliert.
Schlüsselwörter: Autonomie, assistierter Suizid, Bilanzsuizid, Suizidprävention, suizidale Krise