Tötungsverbot bei Hippokrates:
Die «Hippokratische Gesellschaft Schweiz» ist als Ärztevereinigung der Ethik des griechischen Arztes Hippokrates verpflichtet – eines der ältesten und erfolgreichsten ethischen Systeme der Welt, welches dem Arzt das Töten kategorisch verbietet: «Auch werde ich niemandem ein tödliches Mittel geben, auch nicht, wenn ich darum gebeten werde, und ich werde auch niemanden dabei beraten.»
Weltärztebund und Weltreligionen lehnen Euthanasie und assistierten Suizid klar ab
Auf seiner diesjährigen Jahresversammlung, die vom 23. – 26. Oktober in Tiflis, Georgien stattfand, bekräftigte der Weltärztebund (World Medical Association, WMA) erneut seinen ablehnenden Standpunkt gegenüber Euthanasie und ärztlich assistiertem Suizid. Er betont sein starkes Bekenntnis zu den Grundsätzen ärztlicher Ethik und fordert höchsten Respekt vor dem menschlichen Leben. Auch solle kein Arzt zur Teilnahme an Euthanasie und assistiertem Suizid gezwungen oder dazu verpflichtet werden, diesbezüglich Überweisungsentscheidungen zu treffen.
WMA-declaration-on-euthanasia-and-physician-assisted-suicide-2019 Monotheistische Religionen gegen Euthanasie Dichiarazione-Congiunta_ENG_Okt_2019
Vertreter drei verschiedener Religionen unterzeichneten am 28. Oktober 2019 im Vatikan eine gemeinsame Erklärung gegen Euthanasie und assistierten Suizid. „Euthanasie und assistierter Suizid sind von Natur aus und in der Konsequenz aus moralischer wie religiöser Sicht falsch und sollten ausnahmslos verboten werden. Jeglicher Druck auf Todkranke, ihr Leben durch aktives und vorsätzliches Handeln zu beenden, wird kategorisch abgelehnt.“ Gefördert und unterstützt werden solle eine qualifizierte und professionelle Palliativmedizin. Der Vatikan bezeichnete die Deklaration als historisch. Es sei das erste Mal, dass Muslime, Juden und Christen gemeinsam ein solches Dokument unterzeichneten.
https://Monotheistische Religionen gegen Euthanasie Dichiarazione-Congiunta_ENG_Okt_2019
w.aerzteblatt.de/nachrichten/106998/Religionen-unterzeichnen-Erklaerung-gegen-Euthanasie
Assistierter Suizid
Durch die Ablehnung der SAMW-Richtlinien «Umgang mit Sterben und Tod» (Fassung Juni 2018) durch die Ärztekammer vom 25. Oktober 2018 konnte Entscheidendes abgewendet werden. Die Richtlinien mussten überarbeitet und in wesentlichen Punkten revidiert werden. Die überarbeitete Fassung wurde am 18. Mai 2022 in die Standesordnung aufgenommen.
Kurz rekapituliert waren in der Fassung vom Juni 2018 die folgenden Punkte enthalten:
- Die Beihilfe zum Suizid hätte als mögliche ärztliche Tätigkeit standesrechtlich legitimiert werden sollen
- Neu hätte zur Legitimation des assistierten Suizids das Kriterium der Todesnähe wegfallen sollen
- Bei vorhandener Urteilsfähigkeit hätte Beihilfe zum Suizid geleistet werden «dürfen»
- Der Geltungsbereich der Richtlinien sollte auf Patienten mit geistiger, psychischer und Mehrfachbehinderung ausgeweitet werden
- Hauptkriterium hätte der nicht objektivierbare Begriff des «unerträglichen Leidens» sein sollen, ein Begriff, der von den niederländischen Euthanasieprotagonisten eigens zur Begründung der Euthanasie geschaffen worden ist und der die Veränderbarkeit von Leiden negiert
- Der Richtlinien-Entwurf äusserte sich nicht zu wesentlichen Punkten:
– Echte Autonomie ist ohne Verbundenheit nicht möglich. Der Begriff der «Selbstbestimmung» wurde in den letzten Jahrzehnten semantisch verändert und als moralischer Wert verabsolutiert. Bedeutung des Dritten beim assistierten Suizid
– Gehalt/Inhalt der unveräusserlichen natürlichen Menschenrechte, die den Schutz eines jeden Lebens als Grundlage und Voraussetzung für Freiheit gewährleisten ( fundamentaler Widerspruch zu nationalem und internationalem Recht)
– Werther Effekt
– Mögliche Intention der Einsparung von Kosten
– Slippery Slope/Öffnung der Barrieren, die bisher in der Schweiz bestanden haben, z.Bsp. Euthanasie bei Kindern und Jugendlichen, psychisch Kranken, «Lebensmüden», aktive Euthanasie mit oder ohne Verlangen, Organentnahme nach assistiertem Suizid, wie in den Niederlanden und Belgien z.T. praktiziert.
Im Punkt 6.2.1. «Suizidhilfe» der nun gültigen SAMW-Richtlinien «Umgang mit Sterben und Tod» sind jetzt folgende Grundsätze festgehalten:
Die Rolle des Arztes im Umgang mit Sterben und Tod besteht darin, Symptome zu lindern und die Patientinnen und Patienten zu begleiten. Es gehört nicht zu den ärztlichen Aufgaben, von sich aus Suizidhilfe anzubieten, und es gibt keine Verpflichtung, diese zu leisten: «Die genuine Rolle des Arztes im Umgang mit Sterben und Tod besteht jedoch darin, Symptome zu lindern und den Patienten zu begleiten.
- Suizidhilfe bei gesunden Personen ist medizinisch-ethisch nicht vertretbar
- Ist der Suizidwunsch ein aktuell vorliegendes Symptom einer psychischen Störung, darf der Arzt keine Suizidbeihilfe leisten und muss dem Patienten die Behandlung der Krankheit anbieten
- Der Sterbewunsch muss wohlerwogen und dauerhaft sein. Der Arzt hat mindestens zwei ausführliche Gespräche im Abstand von mindestens zwei Wochen mit der betroffenen Person zu führen. Eine Abweichung in Ausnahmefällen ist möglich
- Die Schwere des Leidens ist durch eine entsprechende Diagnose und Prognose zu substantiieren. D.h., es reicht nicht, dass Krankheitssymptome und/oder Funktionseinschränkungen die Ursache unerträglichen Leidens sind und der Sterbewunsch für den Arzt/die Ärztin nachvollziehbar sein muss.
Wenn nach sorgfältiger Information und Abklärung ein selbstbestimmter Wunsch nach Suizidbeihilfe bestehen bleibt, muss folgenden Punkten Rechnung getragen werden. (S. 26, 27 RL)
- Urteilsfähigkeit
- Autonomer Wille
- Schwerwiegendes Leiden
- Erwägung von Alternativen
Es ist ein grosser Erfolg, dass es der Ärzteschaft gelungen ist, eine uferlose Erweiterung der Kriterien zur Ermöglichung des assistierten Suizides zurückzuweisen. Dies zeigt, dass sich der Widerstand gegen die Tendenzen zur Entwertung des alten und kranken Lebens lohnt. Wir bleiben dabei: Eine Beteiligung an Selbsttötungshandlungen widerspricht diametral der ärztlichen Ethik und dem ärztlichen Berufsauftrag. Befassen wir uns damit, wie wir alten und kranken Menschen in unserer Gesellschaft Sorge tragen und sie bis zuletzt menschlich und medizinisch sorgfältig und kompetent begleiten können.
Entnehmen Sie in der Folge Details zur Geschichte der SAMW-Richtlinien und des politischen Vorstosses, aktive Euthanasie in der Schweiz einzuführen:
25. Oktober 2018: Die Ärztekammer der FMH lehnte die Aufnahme der neuen SAMW Richtlinien „Umgang mit Sterben und Tod“ ins Standesrecht mit grosser Mehrheit ab
Weiteres siehe untenstehende Pressemitteilung:
PM Ärztekammer lehnt neue SAMW-Richtlinien klar ab. HGS 25.10.2018
ARGUMENTE ZUR ABLEHNUNG der Richtlinien der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) «Umgang mit Sterben und Tod»
Situation
Argumente gegen SAMW-RL Umgang mit Sterben und Tod 8.2018
Auszug Protokoll Ärztekammer vom 3.5.2018
Kann _unerträgl. Leiden ein Kriterium sein_., Bozzaro, DMW 2015, Nr. 140
Übersichtsartikel Sterbehilfe, Karen Nestor, smf Nr. 35, 2017
Hier lesen Sie die Vernehmlassungsantwort der Hippokratischen Gesellschaft
HGS Vernehmlassungsantwort «Sterben und Tod»
Beilage 1 zu Vernehmlassungsantwort RL «Sterben und Tod»
Beilage 2 zu Vernehmlassungsantwort RL «Sterben und Tod»
Hier ein guter Übersichtsartikel von Peter Ryser zum Ärztlichen Handeln am Lebensende
aerztliches-handeln-am-lebensende-artikel-peter-ryser-2016
Vorgeschichte
Nachdem mit dem Scheitern der Initiative Cavalli 2001 der Einführung der aktiven Euthanasie in der Schweiz ein Riegel geschoben wurde, versuchen deren Protagonisten seitdem, das «Recht auf Leben» über die Verbreitung der Suizidbeihilfe auszuhebeln. Dies geschah zum einen durch den immer wiederkehrenden Versuch, die Suizidbeihilfe gesetzlich zu regeln und so ins Recht zu implementieren. Da das Strafgesetz im Artikel die Beihilfe zum Suizid grundsätzlich verbietet (und nicht erlaubt, wie es gebetsmühlenartig verbreitet wird), würde eine Verfahrensregelung die Suizidbeihilfe im Gesetz verankern. Bisher gestattet der Paragraph 115 nur Strafmilderung bei Vorliegen uneigennütziger Motive.
Unsere Stellungnahme zum Vorstoss, den Paragraph 115 StGB zu ändern, finden Sie in untenstehender Vernehmlassungsantwort. Aktuell besteht kein erneuter Versuch auf parlamentarischer Ebene, die Suizidbeihilfe gesetzlich zu regeln.
Vernehmlassungsantwort der Hippokratischen Gesellschaft Schweiz zur organisierten Suizidhilfe
Seither versuchen Vertreter der Suizidlobby über die SAMW-Richtlinien in Salamitzaktik Beihilfe zum Suizid als Ärztliche Tätigkeit zu etablieren. Bereits mit der Richtlinienrevision von 2004 wurde ein erster Schritt auf die schiefe Ebene unternommen. Die Hippokratische Gesellschaft Schweiz hat sich bereits damals deutlich dagegen gewehrt.
Entwicklungen in Deutschland
Kein assistierter Suizid, FAZ vom 27.6.2015
Eine ausführliche Dokumentation der Vorgänge finden Sie auf untenstehender website.
Arbeitsbündnis Deutschland: Kein assistierter Suizid
Kommentar zum Sterbehilfegesetz in Deutschland, NZZ vom 07.11.2015
Aktive Euthanasie
Die Hippokratische Gesellschaft wurde 1999 im Zusammenhang mit Betrebungen gegründet, die aktive Euthanasie in der Schweiz einzuführen. Als Grundlage für die Argumentation gegen Tötung von Menschen, deren Leben als nicht mehr lebenswert eingestuft werden sollte, entstand eine Broschüre, in der Positionen aus verschiedenen Disziplinen wie Medizin, Jurisprudenz, Geschichts- wissenschaft, den Hochreligionen und der Soziologie an Positionen zusammengetragen wurden, um zu helfen, die Tragweite einer Entscheidung in dieser Frage aus der interdisziplinären Betrachtung zu erkennen. Die Hippokratische Gesellschaft Schweiz steht den seit 1993 in der Schweiz laufenden Bestrebungen, die Tötung auf Verlangen («aktive Euthanasie»oder auch «aktive Sterbehilfe») zu legalisieren, offen ablehnend gegenüber. Wir sehen in diesem Versuch eine Wiederholung historischer Fehler. Die angemessene Reaktion auf das Begehren, Kranke «aus Mitleid» zu töten, kann – so gut auch immer die Absichten dabei sein mögen – nur ein «Wehret den Anfängen» sein. Das zeigt alle Menschheitserfahrung. Die negativen Konsequenzen der Forderung nach Mitleidstötung immer wieder von neuem erfahren zu müssen, ist unnötig und für eine Kulturnation im Grunde beschämend. Historisches Gedächtnis kann uns das ersparen.
Um ein Schweizer Euthanasie-Gesetzgebungsverfahren zu verhindern, hat die Hippokratische Gesellschaft unter anderem diese Dokumentation erstellt. Sie zeigt, welch tiefgreifende Konsequenzen eine Lockerung des Tötungsverbotes für jeden Bürger hätte und dass alle Bereiche der Gesellschaft davon betroffen wären -am stärksten aber die Arzt -Patient – Beziehung. Die auf Vertrauen aufbauende, helfende Beziehung von Du zu Du ist der anthropologische Kern der Arzt – Patient -Beziehung. Das Gefühl der Geborgenheit und der Sicherheit beim Gang zum Arzt oder ins Krankenhaus wird unweigerlich zerrüttet, wenn der Arzt im Gefühlsleben des Kranken vom Helfer zum potentiellen Todesengel mutiert.
- eine deutliche Stellungnahme gegen jede Tötung von Menschen;
- der konsequente Ausbau der Versorgung mit Palliativmedizin; (Pallium = lat. Mantel; Behandlungsmethode, welche sich zum Ziel gesetzt hat, unheilbar Kranken durch Linderung ihres Leidens zu helfen (Schmerzbehandlung, Linderung von Atemnot etc.);
- ein sehr besonnenes Führen der Diskussion um eine Dämpfung der Kosten im Gesundheitswesen, so dass kein psychischer Druck auf ältere oder schwerkranke Mitbürger entsteht, aus wirtschaftlichen Gründen auf sinnvolle Behandlungen zu verzichten